Lernorte erschließen

Vorgehensweise und Ansprache bei Lernorten an sozialen Treffpunkten

Soziale Treffpunkte sind Orte der Kommunikation und Begegnung in Städten und Gemeinden, wo sich Senior:innen regelmäßig zusammenfinden, die ihnen bekannt und in ihrer Nähe sind und denen sie sich verbunden fühlen. Dazu gehören Begegnungsstätten von Wohlfahrtsträgern, Gemeindehäuser oder auch Kirchengemeinden. Digitale Angebote können dort angebunden werden.

Um andere Lernorte zu finden, ist eine Analyse der in der Region vorhandenen Infrastruktur für ein Zusammenkommen von Senior:innen sehr hilfreich. Dazu gehören die Begegnungsstätten der Wohlfahrtsverbände, Seniorenbeiräte, Vereine und Ortsgruppen von losen Interessengruppen oder Kirchengemeinden. Im ländlichen Raum übernehmen oft ehrenamtlich tätige Bürgermeister:innen bzw. Ortsvorsteher:innen eine wichtige integrierende Funktion für die dort lebenden Senior:innen.

Bestehen bereits Netzwerke mit konkreten Ansprechpersonen in der Region, erfolgt die Ansprache direkt über diese Personen, die dann eine wichtige Mittlerrolle sowohl zu den Senior:innen als auch zu örtlichen Gegebenheiten einnehmen. Zur Ansprache gehören die Weitergabe der Motive und Absichten und die Erläuterung des Nutzens, den Senior:innen aus dem Aufsuchen anderer Lernorte ziehen können. Wichtig ist die klare Formulierung des Angebotes, sowohl thematisch als auch konkrete Aussagen zu Umfang und Voraussetzungen für diese besondere Weiterbildung, wie zum Beispiel der Besitz eines Android-Gerätes. Ein zeitlicher Rahmen und die thematische Planung sollten bereits vorliegen. Zeitfenster sollten benannt werden können.

Die Ansprache beinhaltet auch die Bitte um Unterstützung für das Schaffen von Rahmenbedingungen vor Ort. Das trifft hauptsächlich für das Vorhandensein eines Raumes und das Vorhandensein einer stabilen Internetverbindung zu.

Besonderheiten der Ansprache beim Lernen in der Häuslichkeit

Die Häuslichkeit wird als ein besonderer, sehr privater Lernort erprobt, der auf die direkte Beziehung zwischen Dozent:innen und Teilnehmenden ausgerichtet und im Vergleich zu anderen Lernorten eher steuerungsarm ist. Er bietet als neuer Lernort für nicht mehr so mobile ältere Menschen und ihre Angehörigen die Möglichkeit, den begrenzten Raum der eigenen Wohnung zu öffnen und digitale Kompetenzen sowohl nach innen (innerhalb der Wohnung) als auch nach außen (Teilhabe nach außen) zu erlangen. Es wurden in 2023 10 ältere Menschen im Alter zwischen 80 und 90 Jahren mit und ohne Angehörige aufgesucht und bei 5 Besuchen in insgesamt 10 Unterrichtsstunden (2 UE je Besuch) im Umgang mit digitaler und smarter Technik unterstützt.

Einen Zugang zur Häuslichkeit, zum privaten Umfeld von Senior:innen zu finden, ist eine besondere Herausforderung. Es ist wichtig, im Vorfeld Vertrauen aufzubauen und darüber einen Zugang zu den Bedürfnissen der Senior:innen zu finden und dann zu erkunden, welchen Nutzen der Gebrauch von mobilen Geräten für sie schon hat oder haben könnte.

Senior:innen, die heute nicht mehr so mobil sind, waren Jahre vorher oft aktiv und haben verschiedene Lernorte wie Begegnungsstätten oder Einrichtungen der Erwachsenenbildung aufgesucht bis es ihnen zu beschwerlich wurde. Über diese Einrichtungen können Senior:innen unter Berücksichtigung des Datenschutzes direkt angesprochen werden. Das gilt auch für die Akademie 2. Lebenshälfte. Die Einrichtung, die früher aufgesucht wurde, ist vertraut, man kennt womöglich auch noch die Mitarbeiter:innen und hat demzufolge eine andere Bindung als bei völlig fremden Anrufern, denen man durch schlechte Erfahrungen sowieso skeptisch gegenüber steht. Die „ehemaligen Besucher:innen“ können auch Multiplikator:innen zu Nachbarn oder Mitbewohner:innen (in betreuten Einrichtungen) sein, die nie sonderlich aktiv waren, denen sie aber vom Angebot erzählen und Interesse wecken.

Stehen die angesprochenen Senior:innen dem Angebot offen gegenüber, kann mit ihrem Einverständnis eine Kontaktaufnahme mit den Dozent:innen erfolgen und konkrete Absprachen getroffen werden.


Rahmenbedingungen am Lernort

Das Aufsuchen neuer Lernorte schafft trotz aller Absprachen andere nicht immer genau vorhersehbare Rahmenbedingungen sowohl für die Dozent:innen als auch für die Teilnehmenden. Daher bestehen größere Anforderungen an Flexibilität und Anpassung als in einer Einrichtung der Erwachsenenbildung mit bekannter nutzbarer Technik, räumlichen Gegebenheiten und dem Funktionieren von WLAN. So kann auch das Vorhandensein von Projektionstechnik nicht vorausgesetzt werden. An den sechs Lernorten im ersten Projektjahr war an zwei Standorten gar kein WLAN vorhanden, in zwei weiteren nur teilweise und stark schwankend oder nur mit vorherigen technischen Maßnahmen wie dem Einsetzen eines Repeaters zwischen der örtlichen Feuerwehr und dem Seniorenclub.

Beim gegenwärtigen Stand des Zugangs zum Internet in Teilen Brandenburgs und der noch nicht vollzogenen Digitalisierung in Senior:innen-Treffpunkten müssen daher immer sicherheitshalber funktionstüchtige Smartphones der durchführenden Organisation zur Ausrüstung eines Dozenten gehören, um  mobile Hotspots freizugeben. Obwohl es auch hier mitunter Probleme geben kann, wenn sich eine größere Gruppe mit ihren Geräten einwählen möchte.

Positiv hervorzuheben ist die fast immer vorhandene Unterstützung seitens der Gemeinde, eines Wohlfahrtsträgers oder örtlich ansässiger Unternehmen, wenn es um die Bereitstellung eines Raumes geht.

Der Zugang zu den Räumlichkeiten, eine Ausschilderung oder das Bekanntsein von Ansprechpersonen hängen des Öfteren von Absprachen mit Dritten ab, die als mitorganisierende Senior:innen vor Ort wiederum mit anderen kooperieren. Die Erfahrungen lehren, dass bei der Organisation auf solche Rahmenbedingungen wie rechtzeitiger Zugang zum Raum, Beachten der Öffnungszeiten von Ämtern (bei Raumnutzung) beim Festlegen des Kursstartes oder Kursendes Berücksichtigung finden müssen.

Insgesamt werden Senior:innen durch das Angebot sensibilisiert, ihren sozialen Treffpunkt weiterzuentwickeln, seine Nutzung als Ort des Lernens wahrzunehmen und in der Zukunft auch mehr „Digitalisierung“ einzufordern oder eine entsprechende Ausstattung beim Träger nachzufragen.

Voraussetzungen beim Träger (Gewinnen von Lehrpersonal, die richtige Technik, Weiterbildung zu neuer Technik)

Um neue Lernorte zu erschließen, müssen bei einem Träger, der hier aktiv werden möchte, eine Reihe von Voraussetzungen geschaffen werden. Das Gewinnen und die Auswahl von geeigneten Dozent:innen stehen dabei an erster Stelle. Da bei Schulungen dieser Art nicht nach einem festen Curriculum vorgegangen wird, ist ein höheres Maß an fachlicher Flexibilität erforderlich als in einschlägigen Smartphone-Kursen mit Curriculum. Auch beim formellen kursförmigen Lernen ist das Festlegen der Themen eine Absprache zwischen Dozent:in und Teilnehmenden, die am ersten Tag stattfindet. Die Angebote im Projekt sind hier kürzer als in der etablierten Erwachsenenbildung und daher sehr zielorientiert zu nutzen.

Neben der Fachlichkeit ist Flexibilität ebenso beim Anpassen an die wechselnden örtlichen  Rahmenbedingungen gefragt. Fehlende WLAN-Verbindungen, kleine Raumgröße, Verzicht auf vertraute Unterrichtstechnik verlangen immer wieder Lösungen vor Ort. Die Dozent:innen sollten mit der Zielgruppe vertraut und pädagogisch in der Lage sein, das Lernen Älterer mit dem digitalen Thema zu verbinden.

Besondere Empathie ist bei Besuchen in der Häuslichkeit gefragt. Die private Lernsituation schafft eine besondere Nähe. Das Aufnehmen von Bedürfnissen oder Besonderheiten von Biografie und Lebensart können für die Vermittlung digitaler Kenntnisse von Vorteil sein, um vor allem den Nutzen des Gelernten zu zeigen. Es ist eine echte Aufgabe, Kommunikation und Vermittlung im Gleichgewicht zu halten, zumal die Senior:innen beim Hausbesuch im Alter zwischen 80 und 90 Jahren sind und oft nicht mehr so zahlreiche Möglichkeiten der Kommunikation haben und sich daher auf diese Besuche besonders freuen.

Um für alle Teilnehmenden in bestimmten Lernsituationen eine einheitliche Grundlage für die praktische Vermittlung an Geräten zu haben, ist das Projekt mit Tablets ausgestattet, die vor Ort genutzt werden können. Zusätzlich werden die Fragen an den eigenen mitgebrachten Geräten geklärt. Alle teilnehmenden Senior:innen besaßen ein Smartphone oder Tablet, das sie bereits nutzten, jedoch mit sehr unterschiedlichem Kenntnisstand.

Für das Lernen in der Häuslichkeit und dem Workshopthema „Alexa mach die Lampen aus! Lange teilhaben – sicher leben durch smarte Hilfsmittel und Apps“ wurde erstmals smarte Technik eingesetzt. Bei der Auswahl smarter Geräte sollte man sich an wichtigen Lebensbereichen von Senior:innen orientieren. Für die smarten Vorführ-Geräte wurden die folgenden Kategorien gebildet (siehe auch smarte Geräteliste https://senioren-lernen-digital.de/smarte-geraete/):

  • Mehr Kommunikation & Sprachassistenz
  • Smart Home
  • Virtual Reality – Entspannen und Erleben
  • mehr Sicherheit
  • meine Gesundheit überwachen

Das Dozent:innenteam beschäftigte sich intensiv mit Angeboten, um zu den Themen geeignete Geräte für die Anschaffung im Projekt auszuwählen. Auch Dozent:innen betreten hier Neuland. Ein erster Schritt ist die Selbstermächtigung der Dozent:innen, das Beschäftigen mit Funktionsweise und Nutzen sowie das Vorbereiten der Geräte auf einen praktischen Einsatz. Weiterbildung erfolgte nicht über externe Expert:innen (smarte Dozent:innen waren vor Ort nicht zu finden), sondern mittels arbeitsteiliger Beschäftigung mit den Geräten und anschließendem Austausch und gegenseitigem Vermitteln.
Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist ein schrittweises Vertiefen der Handhabung mit einem entsprechend großen Lerneffekt. Auszuwerten ist am Ende, wie die Senior:innen an die smarten Geräte herangeführt wurden und welche zum Einsatz kamen (siehe auch Erfahrungsberichte).


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